Reisefotografie in Zeiten von Corona

Was machen eigentlich Reisefotografen in Zeiten, in denen sie nicht reisen können?

Ich kann natürlich nicht für all meine Kolleginnen und Kollegen sprechen, aber ich weiss, dass viele es ähnlich handhaben … Die Zeit, in der ich nicht reisen kann, nutze ich vor allem für folgende Dinge:

  • Ich versuche, mein Geld primär in meinem anderen Job zu verdienen, da ja im März, April, Mai alle Fotoworkshops/Seminare, Vorträge und Dinnerschows abgesagt werden mussten. (Ob das Bootcamp 2 am 23./24.05. bei der „Erdanziehung“ stattfinden kann, steht noch nicht fest.) Allerdings leidet mein anderer Job nahezu genauso unter der Krise, wie die Reisefotografie.
  • Ich investiere mehr Zeit in laufende Projekte, wie neue Präsentationen, Veröffentlichungen (dazu in Kürze mehr) etc..
  • Ich mache Pläne, für „die Zeit danach“ … 😉
  • Ich kümmere mich um Sachen, die schon lange liegen geblieben sind. Dazu gehört u.a. das Aufräumen meiner großen Bilddatenbank im Lightroom-Gesamtkatalog. Und damit bin ich beim letzten Punkt …
  • Ich zehre von bereits Erlebten.

Das Holi-Fest in Vindravan und Mathura

In die letzte Kategorie gehört auch das Foto, das ich für diesen Monat ausgesucht habe. Es stammt aus Vindravan, Indien, wo ich im März noch, mit meinem Freund und Kollegen Ulrich Wolf (im Bild), das Holi-Fest fotografiert habe. Dieses Fest ist seit einigen Jahren auch in Europa bekannt, weil es hier in Form von „Parties“ übernommen wurde. Für die Hindus ist es jedoch mehr, als eine Party. Das Fest hat einen spirituellen Hintergrund, und die beiden Nachbarorte Vindravan und Mathura gelten nicht nur als Geburtsstätte des Hindu-Gottes Krishna, sondern auch als „Epi-Zentrum“ des spirituellen Holi-Festes. Und natürlich wird auch hier sehr intensiv der Teil des Festes gelebt, der Holi in anderen Teilen der Welt so populär gemacht hat: Man bewirft sich gegenseitig mit Farbe! Und das nicht zu knapp. Während des Holi-Festes gilt eine gewisse Form von Anarchie in Nordindien, das „Kasten-Denken“ ist aufgehoben und jeder ist ein potenzielles „Opfer“ für die „Farb-Attacken“. Die Inder sprechen übrigens auch nicht davon Holi zu feiern, sondern sagen im Englischen „We play Holi“. Das Ganze ist also durchaus fröhlich und positiv besetzt. Dennoch sollte man wissen, worauf man sich einlässt, wenn man zum Fest nach Nordindien komm!

Vorbereitungen für Holi

Uli und ich hatten uns für den „Holi-Wahnsinn“ präpariert. Zu unserer Vorbereitung gehörte, dass wir uns am Vortag sehr günstig neu eingekleidet hatten – in der Erwartung, dass wir diese Kleider nach der Holi-Erfahrung einfach entsorgen würden. Auch unsere Kameras hatten wir sorgsam präpariert, indem wir sie in Plastiktüten verpackt hatten. Auf die Objektive hatten wir günstige UV-Filter geschraubt, um die teuren Linsen zu schützen und die Plastiktüten mit den Sonnenblenden durch Gaffa-Tape verklebt. Zu unserer eigenen Vorbereitung gehörte noch, unsere Haut (wo sie zu sehen war,) dick mit Sonnenmilch und die Haare ordentlich mit Öl einzuschmieren, sodass wir eine Chance hätten, die Farbe später wieder heraus zu waschen. Last but not least gehörte natürlich eine Gesichtsmaske zu unserer Ausrüstung! Zwar war Corona am 08. März in Indien noch nicht so ein Thema, dennoch war uns klar, dass wir auf engstem Raum mit sehr vielen Menschen in Kontakt kommen würden …

Das Foto

Wir waren früh morgens auf dem Weg zum Govinda Dev Tempel, in dem das Holi-Fest besonders intensiv zelebriert werden sollte. Dennoch war auf den Straßen zunächst kaum eine Menschenseele unterwegs, und es war verhältnismäßig kalt und neblig. Als ich mich einmal kurz umdrehte, empfand ich die leere Straße mit dem Nebel und dem bläulichen Licht als sehr atmosphärisch und bat Uli, sich in seinem „Operations-Outfit“ noch einmal dorthin zu stellen. So entstand das Foto. Als wir einige Straßen weiter Richtung Tempel kamen, wurde es dann immer voller und die Atmosphäre veränderte sich. Vor dem Tempel selbst standen bereits Menschenmassen und warteten auf den Einlass. Und das Gedränge fing an …

Warum ich das Bild ausgesucht habe

Eigentlich war die Aufnahme in erster Linie als Erinnerung für uns selbst gedacht. Wir machen bei unseren Fotoreisen immer auch s.g. „Behind The Scenes-Fotos“. Zum einen, für uns selbst, zum anderen kann ich sie manchmal in Workshops oder Vorträgen verwenden, um etwas zu zeigen bzw. zu erklären.

Diese Foto gefiel mir wegen seiner Stimmung jedoch auf Anhieb ausgesprochen gut. Für mich könnte es auch fast eine Aufnahme aus einem „Endzeit-Science Fiction-Film“ à la Bladerunner sein. Ohne die entsprechende Erklärung ist die Aufnahme vermutlich schwer einzuordnen und erzählt daher eine rätselhafte Geschichte … Wie schon öfter erwähnt, glaube ich, dass solche Fotos besonders spannend sind, die Fragen aufwerfen. Und das dürfte hier sicher der Fall sein … 😉

Der „Bildersteckbrief“ (Die Kurzform für Eilige)

Wann und wo entstanden?

  • 08. März 2020
  • Holi-Fest im Vindravan, Indien

Warum ausgesucht?

  • Atmosphäre
  • Aktualität

Die Technischen Details des Fotos

Wie sieht man nach dem Holi-Fest aus?

Thorge Berger beim Holi Fest in Indien
Thorge Berger beim Holi Fest in Indien

Mehr Bilder vom Holi Fest

Wenn Sie mehr Bilder vom Holi Fest sehen wollen, schauen Sie doch hier bei meinem Portfolio vorbei, dort finden Sie u.a. eine Fotoreportage dazu.

Was denken Sie?

Lassen Sie mich / uns gerne an Ihren Gedanken zum Thema teilhaben, indem Sie einen Kommentar auf dieser Seite hinterlassen …

2 Replies to “Reisefotografie in Zeiten von Corona”

    1. Ja, da ist etwas dran! Allerdings muss ich einräumen, dass mein Kollege Uli Wolf und ich uns auch wegen des HOLI Festes so geschützt hatten. Dabei ist es ja üblich, dass man sich gegenseitig mit Farbe bewirft und – „es werden keine Gefangenen gemacht“! Insofern waren wir über unseren Schutz in dem Fall sogar sehr dankbar. 😉

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