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Filmen bei wenig Licht

Hallo Thorge, @all,

prinzipiell gibt es meines Wissens ja wohl 2 Möglichkeiten vorzugehen, wenn nur wenig Licht zur Verfügung steht:

Entweder die ISO hochzuschrauben, mit der Gefahr des Rauschens (bei >3.000) oder die Framerate zu halbieren und dadurch eine längere Verschlussöffnung zu realisieren, statt bei 50 fps --> 1/100s, dann 25 fps --> 1/50s

Welche der beiden Möglichkeiten würdest du / würdet ihr bevorzugen und warum?

 

Viele Grüße
Stefan

Hi Stefan!

Danke für deine Frage / deinen Beitrag. Grundsätzlich hast du Recht, wenn wir bei wenig Licht filmen wollen, können wir den ISO-Wert  erhöhen (mit der Gefahr von starkem Bildrauschen) oder die Verschlusszeit verlängern. Auf letzteres gehe ich gleich noch ein.
Es gibt aber nich zwei weitere Möglichkeiten:

  1. Blende weiter öffnen - damit kommt ja (ggf. erheblich) mehr Licht auf einmal auf den Sensor.
 Ist die Blende meines Objektivs bereits voll aufgerissen, geht das natürlich nicht. Ggf. kann aber ein Wechsel zu einem lichtstärkeren Objektiv eine Option sein. Allerdings muss uns bewusst sein, dass je weiter wir die Blende öffnen, die Tiefenschärfe immer weiter abnimmt.
  2. Künstliches Licht verwenden
    Das wird beim Film sehr häufig gemacht, ist aber natürlich ggf. extrem aufwändig und kommt für uns Reise-Videografen sicher nur im Ausnahmefall in Betracht. Trotzdem ein Aspekt, den wir nicht gänzlich vernachlässigen sollten. Denk z.B. an ein Interview vor einer Kulisse im Freien. Hier braucht es u.U. nur relativ wenig Licht, um den Protagonisten aufzuhellen …

Aber zurück zu den Verschlusszeiten:
Eine alte Faustregel besagt, dass wir mit einer 1/50 Sekunde filmen sollen. Der größte Teil aller analog aufgenommenen Spielfilme sowie ein großer Teil der digitalen sind so gemacht. Hintergrund ist, dass bei einer 1/50 Sekunde das „perfekte Maß“ an Bewegungsunschärfe entsteht. Es entspricht nahezu unserer üblichen Wahrnehmung.

Was passiert, wenn wir die Verschlusszeit deutlich verkürzen?
Dann wirken Bewegungen zu scharf und abgehakt. Das ist ganz gut in den Schlachtszenen von Ridley Scotts Film „Gladiator“ zu sehen. Dort ist es so gewollt, aber es wirkt auf jeden Fall "unnatürlich".

Und was passiert, wenn wir die Verschlusszeit deutlich verlängern?
Du ahnst es schon … die Bewegungsunschärfe wird sichtbar, und im schlechtesten Fall wirkt der Film insgesamt umscharf. Nun könnte man einwenden, dass man ja etwas filmen kann, wo es keine Bewegung gibt. Okay, aber wer mag sich das länger ansehen? 😉

Ich hoffe, meine Überlegungen helfen dir erstmal weiter!?

Lieben Gruß Thorge

Stefan Spangenberg hat auf diesen Beitrag reagiert.
Stefan Spangenberg

Hallo Thorge,
wenn ich deine Aussage richtig interpretiere, würdest du mir empfehlen, mit meiner Drohne lieber in FHD 50 fps zu filmen, als mit 4K, 25 fps – richtig?

Lieber Gruß
Stefan

 

Hallo Stefan!

Für deine Frage bin ich dir sehr dankbar. Zum einen war mir oben noch nicht klar, dass wir über Drohnen-Videos sprechen, zum anderen sie hat für mich zu einer spannenden Erkenntnis geführt!

Aber lass uns zunächst noch einmal Folgendes unterscheiden:

  • fps = Frames per Second = Framerate
    Sie bedeutet, wie viele Bilder pro Sekunde werden für mein Video aufgenommen
    Die Framerate entscheidet über den „Look“ deines Videos und wie langsam du es ggf. Anspielen kannst
    So kann man ein Video das mit 60 fps (oder mehr) aufgenommen wurde, sowohl in „Echtzeit“ abspielen, als auch entsprechend verlangsamen, z.B. mit 50% der Geschwindigkeit abspielen, ohne dass Bilder dazu gerechnet werden müssen. Daher bekommt man so dann qualitativ hochwertige Zeitlupenaufnahmen
  • Verschlusszeit = Wie lange bleibt der Verschluss der Kamera (auch Videokamera) pro Bild geöffnet.
    Also wie viel Licht kann in der Zeit (pro Bild) auf den Sensor kommen? Natürlich auch abhängig von der Größe der Blende. Manche Drohnen, wie z.B. die Air 2S von DJI haben aber nur eine Blende (f/2.8). Daher bleibt uns nur, den ISO-Wert zu erhöhen, wenn wir keine (noch) längere Verschlusszeit haben möchten. 1/50 gilt vielen als ideal. Das Problem kann aber auch umgekehrt auftauchen, dass du zu viel Licht hast und eine Verschlusszeit von 1/50 eine Überbelichtung bedeuten würde. Dann kann man mit ND-Filtern arbeiten. Die Filter (ND = Neutral Density / Neutraldichte oder Neutralgrau-Filter) nehmen einfach Locht weg, sodass wir doch wieder auf unsere 1/50 kommen können.

Im Grunde geht es uns ja darum, welche Framerate sieht bei unserer Drohnen-Footage gut aus, nicht wahr!? Da muss ich gleich einschränkend sagen, das mag sich (sehr) unterscheiden, von Drohne zu Drohne und von Aufnahme zu Aufnahme. Bei den Aufnahmen spielt nämlich u.a. eine wichtige Rolle, was wird gefilmt, mit wie viel Strukturen und welche Bewegungen sehen wir in welcher Geschwindigkeit?
Viele Drohnenpiloten sind Fans von 25 oder 30 fps und filmen nur mit 60, wenn sie später evtl. Zeitlupe nutzen wollen. Wobei die 25 fps als besonders „cinematic“ gelten.

Nun zu meiner persönlichen Erkenntnis:
Vielleicht erinnerst du dich noch an mein Drohnenvideo „Winter Winderland“, dass ich im schneebedeckten Wald hinter unserem Haus aufgenommen habe? Ich war ziemlich happy mit den Bildern, aber immer unzufrieden mit dem „Gestotter“ der Aufnahmen. Jetzt habe ich mir die Aufnahmen in meinem Schnittprogramm Final Cut Pro (FCP) noch einmal angesehen und folgendes entdeckt: gefilmt habe ich mit 30 fps in 4K genutzt habe ich die Aufnahmen aber in einer Timeline mit 25 fps. Nun habe ich folgendes ausprobiert:
Ich habe in FCP die Filme neu rendern lassen, indem ich gesagt habe, FCP soll „Automatische Tempo“, also gewissermaßen die „Echtzeit“ der Videos verwenden. Das hat dazu geführt, dass die Videos mit 80% ihrer Geschwindigkeit abgespielt werden und bringt zwei Effekte:

  1. Die geschnittenen Sequenzen werden länger, weil sie nun langsamer abgespielt werden.
    Es empfiehlt sich also, so etwas gleich zu Beginn zu machen und nicht, wie ich jetzt, wenn der Film eigentlich schon fertig geschnitten ist. Denn die Verlängerung der Sequenzen schmeisst natürlich (gerade bei FCP mit der magnetischen Timeline) alles durcheinander
  2. Die Sequenzen wirken jetzt erheblich smoother!
    Und das ist für mich eine wichtige Erkenntnis! Mindestens mit meiner DJI Mini 2, mit der ich damals gefilmt habe, gilt also: Wenn ich in 4K mit 30 fps filme, diese Videos aber später in einer 25 fps timeline verwende, muss ich auf 80% Tempo gehen und bekomme deutlich smoothere Aufnahmen!

Vielen Dank nich mal für deine Frage, Stefan! Ohne die wäre ich vermutlich nicht darauf gekommen …
Übrigens kannst du dir das neue „Winter Wonderland Video“ hier mal ansehen, und dir so selbst ein Bild machen:

Hier ist noch die alte Version im Vergleich:

Herzliche Grüße Thorge