Reisefoto des Monats: „Kinderportrait in Bhutan“

Die Lang-Fassung

Mein „Reisefoto des Monats“ habe ich diesmal aus Bhutan gewählt. Hintergrund ist, dass ich mich zur Zeit wieder viel mit Bhutan beschäftige. 2020 mache ich gleich zwei (!) Fotoreisen dorthin und gehe zur Zeit mein Material durch. Dabei bin ich u.a. auf dieses Kinderporträt aus dem Jahr 2011 gestoßen. Ich war damals zum ersten Mal in diesem bezaubernden Land unterwegs. Eigentlich hatte ich mich nach meinen intensiven Erfahrungen mit Steve McCurry in Indien (2010) für Bhutan einer Fotoreise anschließen wollen, die aber nicht zustande kam. Der Veranstalter gab mir daraufhin einfach den Kontakt zu seinem lokalen Partner im Land, und so machte ich die Reise alleine und traf zum ersten Mal Tashi, woraus eine Partnerschaft und Freundschaft entstand. (Auch in 2020 arbeite ich wieder mit Tashi zusammen. Ich arbeite heute noch mit Tashi bei den Fotoreisen in Bhutan zusammen).

Ich erinnere mich noch gut, wie fasziniert ich vom ersten Tag an von diesem kleinen Königreich im Himalaya, insbesondere den Menschen und ihrer Kultur war. Dazu ist hilfreich zu wissen, dass Bhutan von seiner Größe mit 38.400 QKM in etwa der Schweiz entspricht, jedoch nur 740.000 Einwohner hat! (2011 waren es noch einmal deutlich weniger). Rund 65% der Menschen leben verteilt auf dem Land und es kommen 19 Einwohner auf einen Quadratkilometer. In der Hauptstadt Thimphu leben lediglich 114.000 Einwohner – und die Quote ist für Bhutanische Verhältnisse seit 2011 rasant gestiegen! Daher ist man gut beraten, bei einem Besuch in Bhutan auch den Besuch eines Festival („Tsechu“) einzuplanen. Denn dann kommen die Menschen aus der ganzen Umgebung zusammen, um gemeinsam das Festival zu begehen. Es werden die berühmten Maskentänze aufgeführt, und je nach Ort vor eindrucksvoller Kulisse, in den „Dzong“ genannten Klosterfestungen oder im Hof eines kleineren Klosters. Es ist aber auch die Gelegenheit für viele, Verwandte, Freunde und Bekannte wieder zutreffen und so ist die Stimmung sowohl durch den spirituellen (Buddhistischen Hintergrund) geprägt, als auch durch die Aktivitäten am Rande des eigentlich Festivals …

Als ich 2011 zum ersten Mal nach Bhutan kam, war das außerhalb der üblichen Saison, nämlich im Juni. Das ist in Bhutan in der Regenzeit und es gibt nur wenige solcher Festivaltermine. Ich reiste damals auch ins Landesinnere in den Distrikt Bumthang, wo ich trotz der Jahreszeit bei zwei (kleineren) Festivals teilnehmen konnte / erleben durfte. Das Foto hier ist bei einem (der Feste) Fest im Kloster Nimalung entstanden.
Es war äußerst eindrucksvoll damals dabei zu sein, und außer mir selbst war 2011 nur noch ein Fotograf aus Japan dort – kein einziger andere Europäer! Ich war total fasziniert von Bhutan und brachte jede Menge schöner Erlebnisse und Bilder mit nach Hause. Als ich meine Begeisterung für Bhutan mit einigen befreundeten Fotografen teilte, kam die Idee für eine erste eigene (von mir organisierte) Fotoreise auf. Gleich im nächsten Jahr war es dann soweit: 2012 organisierte ich meine erste eigene Fotoreise überhaupt – nach Bhutan! Es war eine tolle Erfahrung für mich und für alle Teilnehmer, sodass wir im Anschluss auch noch die Gemeinschaftsausstellung „Bhutan – 7 Blickwinkel im Land des Donnerdrachens“ auf die Beine stellten.

Das Porträt von dem Mädchen zählt zu meinen Lieblingsfotos von 2011. Für mich steckt „viel Bhutan“ in dem Bild. Und das nicht nur, weil sie die traditionelle „Kira“ trägt. Auch der Holzpfosten und der Säulengang in Hintergrund deuten ein Bhutanisches Kloster an.
Ich entschied mich damals für Blende f/2.8, damit der Blick des Betrachters auf das Mädchen fokussiert wird. Dennoch bleibt der Hintergrund vage erkennbar, um „Kontext“ zu liefern, was auch der Brennweite von 60mm Geschuldet ist. Das Bild lebt aber vor allem auch vom Ausdruck des Mädchens. Wir hatten zunächst Blickkontakt, und ich hatte in paar Bilder gemacht, wo sie direkt in die Kamera sieht. Schließlich war ich aber nicht mehr interessant und dann war es möglich, ein Bild zu machen, bei dem sie nicht mehr direkt in die Kamera, sondern auf etwas oder jemanden irgendwo jenseits von mir sieht. Dabei wirkt ihr Blick dennoch „intensiv“. Und sie hat diesen etwas unbestimmten Gesichtsausdruck … es könnte ein Anflug von einem Lächeln sein, aber vielleicht ist sie auch ein wenig traurig? Oft lohnt es sich nach der ersten Interaktion noch länger Zeit mit Menschen zu verbringen, weil wir dann vielleicht noch einmal die Chance bekommen, ganz andere, „natürlicher“ wirkende Bilder zu bekommen.

Das Foto habe ich natürlich in Farbe gemacht. Ich habe mich aber entschlossen, es in Schwarzweiss umzuwandeln, damit die intensive gelbe Farbe der „Kira“ des Mädchens nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und wir mit dem Blick eher bei ihrem Gesicht bleiben.

Die Begegnung mit den „unaufgeregten“ Menschen in Bhutan war für mich immer etwas besonderes. Auf die Gefahr hin, hier pathetisch zu klingen: Ich hatte irgendwie das Gefühl, die Menschen „ruhen in sich“. Und ich freue mich schon darauf, Im Oktober / November 2020 wieder dort zu sein

Der „Bildersteckbrief“ (Die Kurzform für Eilige)

Wann und wo entstanden?

  • 08. Juni 2011
  • Nimalung Kloster in Bumthang, Bhutan

Warum ausgesucht?

  • Aktuelle Beschäftigung mit Bhutan
  • Nostalgie
  • Eines meiner Lieblings-Kinderfotos

Die Technischen Details des Fotos

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